MARI
Thursday, January 17, 2008
„Der reiche Norden“ – Remittances als Armutsbekämpfungsstrategie in der „Dritten Welt“ (Teil 2)
3 Qualitative Effekte durch Remittances
Die finanziellen Transfers der Migranten gehen in der Regel an die im Heimatland zurück gebliebenen Familienmitglieder und den nahen Familienumkreis. Die Transfers sind eine direkte und unkomplizierte Überweisung und haben dadurch eine hohe Effektivität. Sie werden nicht von einer Regierung oder einer internationalen Organisation verteilt – es fallen keine Verwaltungsaufwände oder Verteilungsprobleme an.
Gleichzeitig – wenn man das große Volumen dieser Überweisungen betrachtet – wird klar, dass diese Überweisungen ein Instrument von erheblicher Bedeutung sind, die einen starken Einfluss auf die Entwicklung des betroffenen Landes haben können.
Diese „Transfer-Schocks“ haben auf verschiedene Weisen sofortigen und direkten Einfluss auf die Armut, auf das Wachstum, auf Einkommenssubstituierung und Einkommens-wachstum.
Indirekte Effekte werden durch Veränderungen in der Produktivität hervorgerufen. Denn die ausländischen Devisen unterstützen die Sparquote in den Entwicklungsländern. Dies wiederum kann zu Investitionen im informellen Sektor für kleine Unternehmungen und Projekte verhelfen. Gleichzeitig fließt aber auch ein großer Teil der Überweisungen aus dem Ausland in den Konsum.
Ein weiterer bedeutender Vorteil der „Remittances“ für die Entwicklung eines Landes liegt auch in seiner Stabilität, insbesondere im Vergleich mit den normalen Finanzströmen eines solchen Landes. Ein antizyklischer Effekt kann entstehen, der einen stabilisierenden Einfluss auf die noch unterentwickelte Wirtschaft eines solchen Landes haben kann.
Im Folgenden werde ich diese vielen verschiedenen Einflüsse im Detail betrachten.
3.1 Die Empfänger und Empfangsdauer von Remittances
Um die möglichen Einflüsse und Konsequenzen der „Remittances“ besser zu verstehen, müssen wir zunächst die Empfänger dieser Transfers kennen. Aber die Effekte werden nicht nur durch die Gruppe der Empfänger (also z.B. Arme oder Reiche Empfänger) sondern auch durch die Dauer der Zahlungen bedingt. Entweder die Transfers werden als eine regelmäßige Zahlung oder aber als temporäres Zusatzeinkommen wahrgenommen – diese Unterscheidung in der Wahrnehmung führt natürlich auch zu einer Unterscheidung in der Verwendung der zusätzlichen Mittel.
Zur ersten Frage: Welche Familien-Kategorien und welche Länder-Kategorien empfangen den Großteil der Überweisungen?
Ob eher arme Familien von diesen Überweisungen profitieren können liegt vor allem an zwei Punkten: Haben Mitglieder der Familie überhaupt die Möglichkeit zu emigrieren und wie viel überweisen diese Migranten an ihre Familie in der Heimat? Beide Faktoren sind durch die verschiedenen Bedingungen für Migration in den jeweiligen Ländern bestimmt.
In Ägypten, einem vergleichsweise wohlhabenden Land Afrikas, sind Familien mittleren Einkommens nicht emigriert. Nur Familien mit relativ hohen oder relativ niederen Einkommen gehören zur Gruppe der Migranten und haben in der Folge die Ungleichheiten der familiären Einnahmen verstärkt. (ADAMS 2001: 14)
Während die Gruppen mit hohem und niederem Einkommen von den Auslandsüberweisungen profitiert haben, waren die Mitglieder der Mittelschicht von diesem Prozess weitgehend ausgeschlossen. Der Anstieg der Ungleichheit ist in diesem Falle hauptsächlich das Resultat der Struktur der Migranten und kein Ergebnis der unterschiedlichen Höhe von Transfer-Zahlungen. (ADAMS 2001: 14)
In anderen Entwicklungsländern ist es wahrscheinlicher, dass die Gruppen mit niedrigeren Einkommen in ihren Heimatländern verbleiben. Sie können die Kosten für eine Migration – also Reisekosten, Kosten für Visa etc. - oft nicht aufbringen oder sie haben keinen Zugang zu den notwendigen Netzwerken.
Der Unterschied zu den unteren Einkommensgruppen in Ägypten besteht darin, dass „niederes Einkommen“ in verschiedenen Ländern unterschiedlich definiert wird – und Ägypten eben relativ weiter entwickelt ist als viele andere betroffenen Länder. Es lässt sich also abschließend sagen, dass es vor allem auf den Kontext des Herkunftslandes ankommt, ob die „unteren Schichten“ in den Genuss der Zahlungen kommen. (ADAMS 2001: 9)
Dennoch lässt sich in absoluten Begriffen ein gewisses Schema erkennen: Eine Kurve in der Form eines umgedrehten „U“ (siehe Abb.2) beschreibt annähernd den Zusammenhang zwischen Einkommen pro Kopf (auf der X-Achse) und der internationalen Migration eines Landes. Länder mit einem geringen Pro Kopf Einkommen generieren somit weniger Migranten als Länder mit einem mittleren Einkommen. (ADAMS 2003: 18)
Abb.2 Quelle: Eigener Entwurf
Entwicklungsländer, die von einer starken Armut gekennzeichnet sind, produzieren also dennoch weniger Migranten. Wegen der relativ hohen Kosten von Migration kommt die Mehrheit der Migranten aus Ländern, deren Einkommen etwas über der Armutsgrenze liegt. (ADAMS 2003: 18)
Zweite Frage: Wie entwickelt sich die Zahlung von Remittances über die Zeit? Dies wird von zwei logischen Faktoren bedingt: Zum einen steigen die mittleren Einkommen der Migranten über die Zeit. Sie lernen neue Fähigkeiten und verbessern sich zum Beispiel in der Sprache, was ihnen helfen kann, eine bessere Anstellung im Gastland zu finden. Die Löhne steigen und so kann mehr Geld in die Heimat überwiesen werden.
Der zweite Faktor ist, dass die anhaltende Trennung auch die Verbundenheit zwischen dem Migranten und seiner Familie mindern kann. In einer Studie zeigt David McKenzie, dass die Erwartung Geld zu empfangen (und zu überweisen) mit der Zeit abnimmt.
Es ist außerdem zu Beobachten, dass diejenigen Migranten, die Familienmitglieder in ihren Heimatländern zurücklassen deutlich mehr Geld überweisen, als diejenigen, die gemeinsam mit ihren Familien emigrieren. Das heißt, dass die Intention zur Familie zurückzukehren ein Hauptfaktor ist, warum Migranten Ersparnisse ansammeln und in die Heimat zurück überweisen. Und in diesem Falle sind Remittances ganz klar temporär ausgelegt und werden folglich anders verwendet als reguläre Einkommen. (MCKENZIE 2006)
3.2 Die Verwendung von Remittances auf der Mikro-Ebene und die Effekte auf die menschliche Entwicklung.
Angesichts der Tatsache, dass „Remittances“ private Zahlungen sind, können die Sender und Empfänger dieser Gelder selbst darüber entscheiden, wie sie das Geld verwenden möchten. Es gibt verschiedene Wahlmöglichkeiten – generell wählt man dabei stets auch zwischen Investition oder Konsumation.
Der Kauf von basis-Konsumgütern wurde als einer der Hauptverwendungszwecke von „Remittances“ ausgemacht. Oft ist es schwierig eine Politik durchzusetzen, die eine produktivere Verwendung der Mittel durch die Haushalte erwirkt. (COSS 2006: 8)
Die Entscheidung, die Gelder aus den Überweisungen zu investieren, anstatt sie zu konsumieren, könnte aber durch die Tatsache unterstützt werden, dass „Remittances“ eine eher temporäre Natur besitzen (wie wir im vorhergehenden Kapitel erkannt haben). In der Erwartung zurückgehender Transferzahlungen könnten Haushalte dazu neigen, das Geld zu investieren um aus einem temporären einen langfristigen Gewinn zu machen.
Eine solche Investition könnten Ausgaben für die Bildung der jüngeren Familienmitglieder oder höhere Ausgaben für die Gesundheit der Familie sein. Auf dieser Weise verbessern die „Remittances“ den „HDI“ (Human Development Index), also die allgemeine menschliche Entwicklung in der betroffenen Gruppe.
Allgemein ist feststellbar, dass Haushalte, die Überweisungen aus dem Ausland erhalten mehr für Gesundheit ausgeben und eine höhere Schulbesuchs-Rate aufweisen. Es gibt Untersuchungen aus Sri Lanka und El Salvador, die diese Zusammenhänge belegen.
Dabei wird festgestellt, dass Kinder aus Familien, die in den Genuss von Auslands-überweisungen kommen, eine geringere Abbrecherrate auf Schulen aufweisen. Auf den Philippinen führte eine Erhöhung der „Remittances“ um 10% zu einer Erhöhung der Alphabeten-Rate um 1,7% und zu einer Verringerung der Kinderarbeit geführt. In Guatemala und Nicaragua haben Kinder aus Familien, die Überweisungen erhalten, eine bessere Gesundheit als Kinder aus anderen Familien mit sozio-demographisch ähnlichem Hintergrund. (COSS 2006: 10)
Nach anderen Untersuchungen ist ein weiteres Resultat eine (zwischen 3% und 4,5%) geringere Kindersterblichkeit und eine um 6,9% geringere Wahrscheinlichkeit von Unterernährung. Dies ist zudem das Ergebnis der Verbesserung des Wissens über Gesundheit in den betroffenen Familien. (MCKENZIE 2006)
Finanzielle Transfers können einer Familie auch erlauben in den Kreditmarkt einzutreten, da sie durch die Zahlungen höhere Garantien an die Kreditgeber machen können. Finanzielle Produkte wie Sparkonten, Kredite und Versicherungen entstehen verstärkt in Ländern, die „Remittances“ erhalten. Diese Produkte haben eine hohe Bedeutung und sind eine der Hauptbedingungen für eine starke Entwicklung in diesen Ländern. (GLOBAL COMMISSION ON INTERNATIONAL MIGRATION 2006: 26)
Ein weiterer Aspekt ist die mögliche Verwendung der Transferzahlungen als eine Art Versicherung. Das heißt, dass die Familie temporäre Probleme durch geringe Einnahmen mit den Überweisungen aus dem Ausland ausgleichen kann. Beispiele hierfür finden sich in der Landwirtschaft, wo Einnahmen aufgrund von Trockenzeiten etc. oft starken Schwankungen durch das Jahr hindurch ausgesetzt sind oder einzelne Ernten ausfallen. Andere Beispiele sind Phasen von Krankheit oder Todesfälle in der Familie, bei denen ein „Ernährer“ der Familie ausfällt. (NUSCHELER 2006: 304)
Finanzielle Überweisungen können Haushalte aber auch mit einer gewissen Kapital-Decke ausstatten, die es erlaubt in kleine Unternehmungen oder kommerzielle Projekte zu investieren. Diese Investitionen können Trickle Down Effekte auch außerhalb der Familie zur Folge haben.
3.3 Auswirkungen auf die Makro-Ebene
Wir haben am Ende des Kapitels 3.2 bereits gesehen, dass Rücküberweisungen auch außerhalb des direkten Umfeldes der Geldempfänger Auswirkungen haben können. Diese Makro-Ökonomischen Effekte können der Gesellschaft eines ganzen Landes in verschiedener Weise helfen.
Sehr wichtig ist hierbei der Multiplikationseffekt, der durch steigende Ausgaben der direkten Empfänger hervorgerufen wird. Dies schafft zusätzliches Einkommen bei Anbietern von Gütern oder Dienstleistern im Land und kann so eine Art Kettenreaktion in Gang setzen.
Dieser Multiplikationseffekt ist allerdings an mehrere Bedingungen gebunden: Zusätzliche Ausgaben im Inland fördern eine zusätzliche inländische Produktion nur unter der Bedingung, dass genügend ungenutzte Kapazität (etwa Arbeitskraft) vorhanden ist. Wenn die Produktionskapazität limitiert ist, führt eine Erhöhung der Ausgaben im Land eher zu Preissteigerungen und verstärkten Ausgaben für Importe. Dies kann wiederum zu Inflation führen.
Ein weiterer Faktor, der dem genannten Multiplikationseffekt im Wege steht ist die räumliche Disparität in Hinsicht auf den Erhalt von Transferzahlungen. Diese möglicherweise ungleichmäßige Verteilung kann zu einer Verschärfung der Ungleichheiten führen, da die Ausgaben eben nur in gewissen Regionen steigen können. Ob diese Ausgaben auch in anderen Regionen positive Auswirkungen haben hängt vom Grade der Vernetzung der Wirtschaft im Land ab. (KATSELI 2006: 53f)
Ein weiterer Makro-Ökonomischer Effekt resultiert aus der Verwendung der Remittances als Versicherung auf der Mikro-Ebene. Dies führt in der Gesamtwirtschaft zu antizyklischen Effekten und stabilisiert Einkommen von Haushalten im ganzen Land und während ökonomischer Krisen (etwa durch Dürreperioden). Die Empfänger-Gruppen von Remittances können in diesem Falle auch weiterhin Geld ausgeben, während ansonsten das wirtschaftliche Leben zu einem totalen Stillstand käme.
Des weiteren verstärken Rücküberweisungen die Infrastruktur des finanziellen Sektors in einem Land. Wie bereits in Kapitel 3.2 erwähnt sind die regelmäßigeren Einkommen durch Privatüberweisungen stabiler als der gewöhnliche Finanzfluss und erlaubt einem größeren Teil der Bevölkerung den Zugang zum Finanz- und Kreditmarkt. Eine Vereinfachung der internationalen Überweisungen könnte zu einer Verstärkung dieses Effekts von Remittances auf die Entwicklung führen. (COSS 2006: 8ff)
Ein letzter Makro-Ökonomischer Effekt ist der Zufluss von ausländischem Kapital. Diese Folge aus den Zahlungen ist besonders wichtig für importabhängige Länder mit einer hohen Verschuldung. Diese Länder leiden an einer ungenügenden inländischen Produktionskapazität. Um ihre Produktion auszuweiten ist es jedoch notwendig die benötigten Maschinen und Technologien aus dem Ausland einzuführen. Der beschränkte Zugang zum internationalen Finanzmarkt und die geringen Devisenreserven verhindern diese Importe jedoch.
Unter diesen Umständen, können Remittances helfen eine kritische Schwelle zu überschreiten und die Produktion auszuweiten. In Abb.3 wird deutlich wie Remittances durch eine Verringerung der Auslandsverschuldung diesen Prozess unterstützen. In Ländern mit geringen Reserven ausländischer Währung sind Rücküberweisungen zur Hauptquelle für ausländische Devisen geworden.
Gleichzeitig gilt es auch einige Risiken zu beachten: Große Zahlungsströme aus dem Ausland können durch die dadurch verursachte Geldexpansion zu Inflation führen. Es ist dabei die Aufgabe nationaler Institutionen diese negativen Effekte einzudämmen. Dennoch gibt es Indizien, dass Remittances in einigen arabischen Ländern in den 1980er Jahren zu einer verstärkten Inflation geführt haben. (KATSELI 2006: 55)
Ein zweites Risiko ist die hervorgerufene Veränderung des Wechselkurses. Durch einen höheren Wechselkurs werden Importe billiger während es schwieriger wird eigene Waren im Ausland abzusetzen. Als Folge wird es schwieriger Güter zu exportieren oder Import-substituierende Industrien zu entwickeln. Eine Folge dieser Entwicklung sind zwangsweise ein Anstieg der Arbeitslosenquote und Schwierigkeiten, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Es handelt sich hierbei um die gleiche Problematik wie bei erdölexportierenden Ländern. (GOLDIN 2006)
3.4 Soziale Probleme durch Remittances
Am Ende von Kapitel 3.3 habe ich bereits einige negative Effekte durch Remittances aufgeführt. Im Allgemeinen wurden die damit verbundenen Probleme in früheren Arbeiten über das Phänomen dramatischer gesehen als in neueren Studien. Inzwischen gibt es mehr positive als negative Beispiele für das Potenzial von Remittances.
Die Befürchtung war zunächst, dass ein „Kreislauf der Abhängigkeiten“ entsteht, geschaffen durch die Transferzahlungen aus dem Ausland. In diesem Kreislauf schafft das zusätzliche Kapital einen Anreiz für ein unproduktiveres Verhalten der Empfänger. (McKenzie: 2006)
Aber obwohl die allgemeine Skepsis in diesem Zusammenhang nachgelassen hat, so muss man doch einige bedeutende Risiken beachten.
Es gibt Hinweise die Zeigen, dass Empfänger von Transferzahlungen von diesen abhängig werden und den Anreiz zum erwirtschaften zusätzlichen Einkommens vermindern. Remittances wurden demnach benutzt um geringe Einkommen schlecht bezahlter Arbeit zu ersetzen (substituieren) aber sie haben nicht in jedem Fall dazu geführt, verstärkt neue Einkommensquellen zu erschließen. Diese Tendenzen sind vor allem in Kreisen geringerer Bildungsniveaus zu beobachten und kommen in besser gebildeten Umfeldern seltener vor.
Wenn Familien den Erhalt von Transferzahlungen nicht als vorübergehend ansehen können sie sich davon abhängig machen (vergleiche Kapitel 3.2). Das heißt diese Zahlungen führen zu einer geringeren Motivation zur Weiterentwicklung eigener Fähigkeiten und zu weniger Investitionen für längerfristige zusätzliche Einkommen. Wenn Rücküberweisungen als langfristige Lösung angesehen werden, ziehen die jüngeren Familienmitglieder eine baldige Migration einer abgeschlossenen Schulbildung vor – ein sozialer Abstieg ist mit dieser Entwicklung verbunden.
Viele Jugendliche besuchen daher weder die Schule, noch gehen sie einer geregelten Arbeit nach, sondern sie warten auf die Möglichkeit und das nötige Alter zu migrieren.
Untersuchungen haben ergeben, dass in einigen Gebieten ein Zusammenhang zwischen Migration und einer geringeren Schulbildung besteht. Kinder aus Migrantenfamilien haben eine geringere Schulbesuchsrate als andere Jugendliche. Söhne, deren Eltern mit ihrem niedrigen Bildungsniveau im Ausland Geld verdienen, verlieren die Motivation sich selbst zu bilden. Töchter ersetzen in vielen Fällen diejenigen Mitglieder der Familie, die migrieren und erledigen an deren Stelle Hausarbeiten. Sie haben daher keine Zeit mehr für den Schulbesuch. (MCKENZIE 2006)
Abschließend kann gesagt werden, dass es zu einem Großteil von den Migranten-Familien und deren Verwendung der Geldüberweisungen selbst abhängt ob die Effekte daraus in langer Sicht eher positiv oder negativ sind.
3.5 Verringern Remittances die Armut?
Nach dem Einblick in positive wie negative Effekte durch Remittances auf der Mikro- sowie der Makro-Ebene bleibt die entscheidende Frage: Verringern Remittances die Armut? Es ist schwierig zu sagen, bis zu welchem Punkt Rücküberweisungen in der Entwicklung helfen können. Zunächst müssen verschiedene Aspekte berücksichtigt werden.
Es gilt zu unterscheiden, zwischen den Auswirkungen der Remittances und den allgemeinen Auswirkungen von Migration. Remittances bestehen niemals ohne Migration und diese bedeutet stets den Verlust eines produktiven Mitglieds der Familie im Land im Austausch gegen ein höheres Familieneinkommen.
Des Weiteren gibt es wichtige Unterschiede zwischen Auswirkungen auf der Mikro- und der Makro-Ebene: Auch wenn die Familie des Migranten profitiert, können die Folgen für die Makro-Ebene insgesamt negativ sein. Ein Beispiel hierfür ist die Migration eines Mediziners, der für seine Leute im eigenen Land nicht mehr zur Verfügung steht.
Außerdem kann man nicht einfach die Transfer-Zahlungen, die ein Haushalt erhält von dessen Gesamteinkommen abziehen um das alternative Einkommen ohne Remittances zu bestimmen. Immerhin hätte das migrierende Mitglied der Familie auch im Inland einen gewissen Lohn erzielen können.
Insgesamt muss also folgende Rechnung aufgemacht werden: Der Verlust eines arbeitenden Mitgliedes im Inland kann (oder kann nicht) durch ein geringeres Niveau des familiären Konsums kompensiert werden. Außerdem müssen in die Berechnung Auswirkungen auf Dritte außerhalb der Familie berücksichtigt werden. Erst dann, können die zusätzlichen Mittel für die Familie (und wiederum deren Auswirkungen auf Dritte) in die Rechnung aufgenommen werden. (MCKENZIE 2006)
Unter Berücksichtigung all dieser Faktoren kommen empirische Erhebungen aus verschiedenen Teilen der Welt zu dem Ergebnis, dass Remittances tatsächlich zu einer Verringerung der Armut beitragen. Aufgrund der Tatsache, dass Rücküberweisungen ein zusätzliches Einkommen darstellen können sie die Armut tatsächlich nur verschlimmern, wenn sie eine starke Steigerung von Ungleichheiten auslösen.
Diese empirischen Befunde für eine Verringerung der Armut sollen im folgenden Kapitel anhand eines Fallbeispiels erörtert werden.
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